Obwohl die Wettervorhersagen für die zweite Runde der Segelflug-Bundesliga im nordbayerischen Raum keine große Hoffnung auf schnelle Flüge machten, fanden sich fünf Piloten der LSG Bayreuth am Samstag ein und erzielten mit dem achten Rundenplatz ein gutes Resultat: Die Bayreuther sind zurück in der vorderen Tabellenhälfte der Bundesliga und in der World League rücken sie sogar bis auf den sechsten Platz vor.
Nach gemeinsamer Analyse der meteorologischen Bedingungen im morgendlichen Briefing war die Flugtaktik klar. Der starke Ost- bis Südostwind, bei gleichzeitig hoher Luftfeuchtigkeit und damit der Gefahr von Regenschauern am Nachmittag, gab die Kurswahl Richtung Tschechien und den Startzeitpunkt gegen Mittag vor. Juniorpilot Freddy Köhne startete als Erster und fand südlich von Bayreuth sofort gute Aufwinde bis 1000 Meter über Grund. Bald legte er los und hatte nur Gutes auf dem Weg über den Steinwald und weiter Richtung Tirschenreuth zu berichten.
Friedhelm Lotte und Heiko Hertrich starteten daraufhin ebenfalls. Leider musste Lotte aufgrund eines nicht funktionierenden Bordcomputers nochmals landen, konnte aber ohne großen Zeitverlust bald einen zweiten Versuch unternehmen. Hertrich und Lotte kamen trotz des inzwischen auf über 30 km/h angewachsenen Gegenwindes gut voran. Erste Wolkenaufreihungen zeigten die Steiggebiete gut an, so dass sie nur selten im Kreisflug Höhe erkurbeln mussten. Allerdings stellten alle Piloten fest, dass die Wolkenhöhe laufend abnahm und dafür die Bodenhöhe im Oberpfälzer Wald ständig zunahm. Dies führte zu wenig Arbeitshöhe. Das heißt, der Segelflieger kann im Gleitflug wenig Strecke gutmachen, weil er sich laufend darum kümmern muss, wieder genügend Höhe zu gewinnen. Gleichzeitig muss er immer wieder nach guten Feldern und Wiesen Ausschau halten, weil auch schnell eine Außenlandung anstehen kann.
Köhne wagte sich etwas zu zu tief und zu weit vor und hatte genau mit diesen Problemen zu kämpfen. Zuerst konnte er sich in der Nähe von Tachov in Tschechien mit einem schwachen Aufwind aus 200 Meter über Grund ein paar Minuten lang auf gleicher Höhe halten, doch bald musste er auf einem schönen Maisacker landen. Der starke Wind zerriss die Thermik zu stark und wanderte mit Köhnes Flugzeug langsam über ein unlandbares Waldgebiet. Freundliche Bewohner aus dem nahen tschechischen Dorf Chodský Újezd halfen ihm nach der Landung beim Zerlegen des Seglers und zeigten den bald eintreffenden Rückholern aus Bayreuth den Weg zum Feld.
Gewarnt von Köhnes Außenlandung wendeten Hertrich und Lotte an der Grenze und folgten den immer besser aussehenden Wolkenstraßen mit dem Wind nach Westen. Dabei erreichten sie Geschwindigkeiten über Grund von 200 km/h, ohne viel an Höhe zu verlieren. Zudem gab die größere Wolkenhöhe mehr Spielraum bei der optimalen Routenwahl.
Inzwischen waren auch Daniela Baier im Einsitzer und ihr Vater Georg mit einem Gast im Doppelsitzer gestartet und folgten ähnlichen Flugwegen wie Hertrich und Lotte. Diese waren inzwischen schon wieder an Bayreuth vorbei geflogen und entschieden sich nach kurzer Funkabsprache für unterschiedliche Strategien. Hertrich sollte der Wolkenstraße weiter Richtung Bamberg folgen, während Lotte die gut aussehenden Cumuluswolken Richtung Thüringer Wald ausprobieren wollte. Sollte sich dann, wie so oft über dem Hauptkamm des Thüringer Waldes, eine viel bessere Aufwindreihung ausbilden, hätte die nachfolgende Baier-Familie gute Hinweise von Hertrich und Lotte für den schnellsten Weg bekommen.
Da sich bald herausstellte, dass Hertrich keine Probleme hatte, seine Höhe zu halten und sogar ohne weitere Aufwind-Kreise schnell bis nördlich Bamberg zu gelangen, konnte er sogar gegen den Wind wieder zurück bis Tirschenreuth fliegen. Gleichzeitig kam Lotte im Anflug auf die ersten Hügel nördlich von Coburg zu tief, so war die Richtung nach Bamberg für die Baiers klar. Auch Hertrich folgte nochmals mit dem Wind der Thermikaufreihung, bis die Wertungszeit, deren Anfang er mit der Wende an der tschechischen Grenze gesetzt hatte, kurz vor Haßfurt zu Ende war. Inzwischen bewahrheitete sich der Wetterbericht, der für den Nachmittag sehr viele Wolken mit großen Ausbreitungen und wenig Sonneneinstrahlung vorhersagte. Damit nimmt die Aufwindgüte ab und es wird für die Piloten zunehmend schwerer wieder Höhe zu gewinnen und schnell zu fliegen. Zum Glück blieb aber der prognostizierte Regen aus und bald hatten alle Bayreuther mit mehr oder weniger Mühe wieder den Flugplatz auf dem Bindlacher Berg erreicht.
Durch den von Hertrich optimierten Bundesligaflug mit zwei langen Mitwindschenkeln gelang ihm eine Durchschnittsgeschwindigkeit von fast 130 Kilometern pro Stunde über die 2:30 Stunden lange Wertungszeit. Durch den Index für seinen Flugzeugtyp wird daraus eine Wertung von 111,3 km/h für die Bayreuther Mannschaft und stellt die beste Leistung in dieser Runde in Süddeutschland dar.
Lotte musste etwas Federn lassen, kann 87,2 km/h in die Wertung einbringen. Georg Baier steuert trotz seines späten Startes noch 84,9 km/h bei. Damit summiert sich das Ergebnis des Bayreuther Teams auf 283,6 km/h. Das bedeutete den achten Rundenplatz und 13 Punkte. Damit einher geht ein ordentlicher Sprung vom 18. Tabellenplatz der 1. Budnesliga auf den 13. und damit auch in die obere Hälfte der 30 Vereine.
Die Rundensieger kamen alle aus Niedersachsen. Die dort fliegenden Vereine konnten nördlich des schlechten Wetters sehr schnell fliegen und gut punkten. Rekordmeister LSV Burgdorf gewinnt die Runde mit 381,5 km/h weit vor dem LSV Gifhorn (344,4) und dem Titelverteidiger LSV Rinteln (341,3). Die nordbayerischen Nachbarn aus Erbendorf (317,7) und Lichtenfels (303,9) konnten sich durch jeweils drei schnellen Piloten noch vor Bayreuth auf die Rundenplätze fünf und sechs setzen. Die noch wenig aussagekräftige Bundesliga-Tabelle führt Rinteln mit 29 Punkten vor Ludwigshafen (25) und Mannheim (24) an. Bayreuth kann mit 16 Punkten Anschluss im Mittelfeld halten.
In der World-League kann die LSG mit Rundenplatz 21 ebenfalls gut punkten. Nutzten doch viele deutsche Zweitligisten und niederländische Teams das gute Wetter im Norden. Zusätzlich lieferten auch die Rocky Mountains gute Bedingungen für die kanadischen und US-amerikanischen Piloten. Die Podiumsplatzierungen der zweiten Weltrunde sind allerdings genau die gleichen wie in der Bundesliga: Burgdorf, Gifhorn und Rinteln. Weltmeister Minden Soaring Club aus Nevada/USA unterstreicht seine Titelverteidigungsambitionen, beendet dir Runde als Achter, führt aber schon wieder die Tabelle mit 67 Punkten vor Hamburg (64) und Bad Homburg (54) an. Zum eigenen Erstaunen reichen der 18. Rang der Vorwoche (durch einen Flug von Alexander Müller in Österreich wich das Weltligaergebnis der LSG von dem in der Bundesliga ab) und der jetzige 21. Rundenplatz für einen sechsten Tabellenplatz für die LSG Bayreuth (43 Punkte) – nur die fünf besser platzierten konnten offenbar an diesen zwei Wochenenden mit konstanterer Leistung fliegen.