Lokal unterschiedliche Wetterbedingungen machten Bundesliga-Wertung zum Roulettespiel
Die fünfte Runde der Segelflug-Bundesliga kann die LSG Bayreuth mit einem 13. Platz abschließen und ihre Mittelfeld-Position in der Tabelle festigen. Der Weg dorthin war jedoch kompliziert: Während die eigentlich gut vorhergesagten Regionen enttäuschten, entpuppte sich der weniger gut vorhergesagte Thüringer Wald am Sonntag als Rennstrecke.
Gleichmäßig gutes Wetter in Deutschland sorgte dafür, dass alle Erstligateams die Chance auf schnelle Durchschnittsgeschwindigkeiten hatten. Somit war schon zu Beginn der Runde klar, dass strategische Entscheidungen bei der Flugplanung, sowie taktische Feinheiten während des Fluges den Ausschlag für eine gute Platzierung geben werden. Auch eine größere Anzahl teilnehmender Piloten wird über den Erfolg entscheiden, weil dadurch der unkalkulierbare Faktor Wetterglück weniger relevant wird.
Der Wetterbericht sagte die besten Bedingungen über den östlichen bayerischen Mittelgebirgen voraus. Also war klar, dass die bekannten Flugwege über das Fichtelgebirge und den Steinwald bis hinunter zum Bayerischen Wald wohl am erfolgversprechendsten sein würden. Zuerst startete Johannes Baier, gefolgt von Heiko Hertrich. Beide kamen anfänglich auch gut voran. Aufwinde mit bis zu 3 Metern pro Sekunde hoben die kreisenden Flugzeuge immer wieder auf ausreichende Höhe, um anschließend mit bis zu 200 km/h die nächste Gleitphase zu bewältigen. Doch ab Cham wurde die Thermik durch starken Wind sehr unzuverlässig. Immer wieder mussten die beiden Piloten zeitaufwändig nach dem besten Steigen suchen und verloren wertvolle Zeit.
Auch der Rückweg gestaltete sich zunehmend schwieriger, weil die Aufwind anzeigenden Cumuluswolken immer weniger wurden. In der sogenannten Blauthermik kann der Segelflieger sich nur an Bodenmerkmalen wie hellen Feldern oder Ortschaften orientieren, die vermutliche Auslösepunkte für die aufsteigende warme Luft sind. Auch kreisende Vögel oder andere Segelflugzeuge helfen bei der Suche. Jedoch muss die Vorwärtsgeschwindigkeit dabei gedrosselt werden, um nicht zu viel Höhe im Gleitflug zu verlieren. Geschickt gelang es Baier und Hertrich nach ungefähr vier Stunden Flugzeit wieder in Bayreuth zu landen.
Die erzielten Bundesligaleistungen von 81 und 85 km/h entsprachen allerdings nicht den morgendlichen Erwartungen. Zudem fehlte ein weiterer Flug in dieser Größenordnung, um überhaupt in voller Mannschaftsstärke von 3 Piloten in der Liga gut punkten zu können. Heiko Hertrichs Tochter Riikka konnte sich mit einem Flug nach Tirschenreuth und Hollfeld erstmalig mit 61 km/h als dritter Pilot, zumindest in der Halbzeitwertung eintragen. Dies reichte der LSG aber nicht, um in der Rundenwertung mehr als nur einen Punkt zu ergattern.
Für den Sonntag war also ein zweiter Versuch notwendig. Da die Nachbarvereine aus Weiden und Erbendorf am Samstag sehr erfolgreich eine Ost-West-Linie bis kurz vor Prag geflogen sind und ähnliche Wetterbedingungen vorhergesagt waren, entschlossen sich die meisten Bayreuther diesmal für einen mehr östlichen Kurs. Entweder sollte es entlang des Erzgebirges gehen oder etwas südlicher bis Pilsen. Diesmal waren fünf langjährige Bundesliga-Piloten am Start, die sich bei der Streckenplanung etwas aufteilen konnten. Alexander Müller, Johannes Baier und Friedhelm Lotte entschieden sich für das Erzgebirge, Heiko Hertrich und Georg Baier für die südliche Route.
Müller, der den anderen um fast eine Stunde voraus war, meldete Richtung Dresden immer schwächere Aufwinde und kehrte deshalb bald um und gab im Funk bekannt, dass er es nun im Thüringer Wald versuchen wollte. Auch Johannes Baier war nicht zufrieden mit den Flugbedingungen im Erzgebirge, flog zurück bis Bayreuth, um dann Richtung Bayerischer Wald zu fliegen. Lotte dagegen wollte dem Erzgebirge weiterhin vertrauen und setzte seinen ursprünglichen Plan um.
Hertrich war inzwischen bis an den Anflugsektor des Flughafens Prag gut vorangekommen und konnte nun mit dem östlichen Rückenwind schnell wieder zurück ins Fichtelgebirge fliegen.
Inzwischen meldete Müller, entgegen den Vorhersagen, nachhaltig gute Aufwindstraßen ab Kronach bis Suhl. Da Hertrich und Georg Baier gerade aus Tschechien kommend in diese Richtung unterwegs waren, setzten sie guten Mutes ihre Flüge Richtung Thüringer Wald fort. Alle drei Bayreuther konnten bis westlich Suhl und zurück nach Bayreuth schnell voran kommen. Lotte hingegen gab etwas frustriert auf, nachdem ihn das Erzgebirge immer wieder mit schwachen Aufwinden enttäuscht hatte. Auch Johannes Baier hatte in der Oberpfalz kein Glück mehr und musste sogar auf dem kleinen Flugplatz in Speichersdorf den Flug abbrechen und dort landen. Nennenswert ist noch der späte Versuch von Hans Berr mit 62,2 km/h.
Mit 288,8 km/h Mannschaftleistung aus den Sonntags-Flügen von Müller (103,9), Hertrich (95,1) und Georg Baier (89,8) gelang der LSG ein 13. Rundenplatz in der 30 Teams starken 1. Bundeliga. Die dafür erzielten 8 Punkte reichen für eine Verbesserung der Tabellenposition um drei Plätze auf Rang 12 mit nunmehr 40 Punkten.
Da sich die Flugbedingungen in Niedersachsen als hervorragend über das ganze Wochenende darstellten, werden die ersten Rundenplätze auch von drei dort beheimateten Teams belegt. Burgdorf (378,7 km/h), Rinteln (360,1) und Gifhorn (354,6) heißen die Sieger. Damit können sich Rinteln mit 74 Punkten und Burgdorf (65) weiter von der Konkurrenz um den Meistertitel absetzen. Gute Saisonleistungen zeigen auch die Bayreuther Nachbarn aus Erbendorf mit Tabellenplatz 4 und Lichtenfels auf Platz 5, beide mit 56 bzw. 55 Punkten noch in Reichweite zum Podium. In der World-League können sich noch einige Mannschaften aus den USA, aus den Niederlanden, Polen, Belgien, Österreich und auch Finnland zwischen die schnellen deutschen Teams schieben. So gewinnt die Runde der Dauersieger aus Nevada/USA, der Minden Soaring Club mit 403,9 km/h vor den drei Niedersachsen. Bayreuth kann mit Platz 33 immerhin noch 8 Punkte erzielen und sich in der Tabelle auf Platz 10 halten. Unangefochten baut Minden mit nun 186 Punkten den Vorsprung auf Rinteln (138) und Burgdorf (114) aus.