Alexander Müller knackt die 1.400 km-Marke

Am Dienstag drei Flüge ab Bayreuth mit über 1.000 km Streckenlänge

„War das der beste Tag in Süddeutschland seit dem Start des OLC vor mehr als 20 Jahren?“ fragt die Startseite des Wertungsportals onlinecontest.org mit Blick auf die Tageswertung vom Dienstag. Für den Bayreuther Flugplatz war es auf jeden Fall der Tag, an dem der Streckenrekord gefallen ist: Alexander Müller verbessert die von ihm selbst 2020 aufgestellte Bestmarke für Langstreckenflüge ab Bayreuth um satte 102 km auf nun 1.421 km. Dazu gab es noch zwei weitere neue 1.000 km-Piloten am Bindlacher Berg.

Müller startete um Punkt 9 Uhr und fand im Fichtelgebirge sofort einen Aufwind, der ihn bis auf 2.500 m Meereshöhe brachte. Mit dieser komfortablen Starthöhe ging es im Gleitflug nach Nordwesten, erst bei Pressig am Frankenwald stieß er 25 Minuten später auf weitere Thermik. Über den Thüringer Wald hinweg erreichte er die erste Wende am Hohen Meißner in Nordhessen gegen elf Uhr. Von dort ging es auf das mit 352 km längste Teilstück über die Rhön, Würzburg, Schwäbisch Hall, Aalen und Blaubeuren nach Mengen auf der Schwäbischen Alb.

Im weiteren Flugverlauf orientierte er sich am Verlauf der Donau, vorbei an Ulm, Donauwörth, Eichstätt, Ingolstadt über den Kelheimer Donaudurchbruch, Regensburg bis Bernried im Bayerischen Wald. Dieser große Bogen wurde vom Wertungsportal letztlich als eine Teilstrecke gewertet, so dass er tatsächlich sogar ein paar Kilometer mehr geflogen ist. Die direkte Strecke Mengen – Bernried wäre jedoch ohnehin durch den Anflugsektor des Flughafens München gegangen und war somit in den relevanten Höhen versperrt.

Vorbei an Bayreuth ging es für ihn nun erneut an den Thüringer Wald: Erst in der Gegend von Bad Liebenstein machte er um 18:30 Uhr wieder kehrt. Doch es war immer noch nicht die Zeit für den Heimweg: Zwei Stunden später befand er sich bei Tachov in Tschechien und tritt erst von dort aus die letzte Teilstrecke nach Bayreuth an. Um 21:20 Uhr setzt er schließlich nach über 12 Stunden Flugzeit auf der Piste am Bindlacher Berg auf.

Müllers 1.200-km-Flug aus dem Jahr 2010 bildete den Auftakt für eine neue Jagd auf Langstrecken im deutschen Segelflug. Während in den Alpen (mit Startflugplatz in Deutschland) der Rekord seit 2013 bei 1.750 km liegt, blieb Müller im nichtalpinen Teil Deutschlands bis heute der unangefochtene Langstreckenmeister. 2020 konnte er die 1.300 km-Marke knacken und in einem Bericht über diesen Flug hieß es schon „Gut vorstellbar, dass seine Träume nun um die Zahl 1.400 kreisen.“

Mit diesem Flug gewinnt Müller nicht nur die Tageswertung weltweit, sondern rückt auch in der diesjährigen Europa- und Deutschlandwertung auf Rang 1 vor. Mit seinen Flügen aus dem Winterlager steht er bereits auf dem ersten Platz der afrikanischen und der namibischen Wertung.

Kleiner Wermutstropfen: Da die Verhältnisse in der kalifornischen Sierra Nevada dieses Jahr ebenfalls sagenhaft sind, hat er vor 2 Wochen die Führung in der weltweiten Wertung an Keith Essex vom (Weltliga-Tabellenführer) Minden Soaring Club aus Nevada, USA, abgeben müssen.

Neben Müller zeigten auch noch zwei Gastflugzeuge, dass Bayreuth außerhalb der Alpen der Top-Startflugplatz für Langstreckenversuche in Deutschland ist: Der langjährige Sommerlager-Stammgast Johannes Wilden vom SFZ Aachen mit seiner Frau Waltraud als Copilotin kann sich nun auch in die Reihe der Bayreuther 1.000-km-Piloten gesellen, ebenso wie Ernst Mick vom österreichischen FC Kirchdorf am Inn. 3 der 17 1.000-km-Flüge vom Dienstag waren somit am Bindlacher Berg gestartet.

Mick kam auf 1.004,96 km durch ein hin und zurück geflogenes „L“ mit den Wendepunkten Cham, Blaubeuren, Cham, Suhl und einem Abschlussschlenker über Weiden.

Die Familie Wilden blieb dagegen weitgehend auf dem Gebirgskamm Thüringer Wald / Frankenwald / Fichtelgebirge / Oberpfälzer Wald mit Wenden in Sontra (Nordhessen), hinter Waidhaus in Tschechien, Bad Liebenstein, tschechische Grenze bei Floß und bei Masserberg im Thüringer Wald. 1.051.84 km standen am Ende für die Rheinländer in der Wertung.

Mehr Punkte, aber nur 985 km konnte Friedhelm Lotte erreichen. Würde die Wertung sieben statt sechs Teilstrecken berechnen, wäre bei ihm auch die 1.000-km-Marke gefallen. Die besseren Wertungspunkte gegenüber Wilden und Mick resultieren aus der Verrechnung des Flugzeugtyps in der Punktwertung. Nicht nur, dass Lotte mit dem Flugzeug mit den schlechtesten Gleiteigenschaften unterwegs war, er war auch der einzige der erwähnten Piloten, der sich mit einem reinen Segelflugzeug auf die Langstrecke gemacht hat.

Das heißt, im Falle nachlassender Aufwinde hätte Lotte sich nicht auf einen Hilfsmotor stützen können, sondern eine Landung auf einem fremden Flugplatz oder Acker in Kauf nehmen müssen. In der Wertung wird dieser Umstand zwar nicht berücksichtigt, aber manche taktische Entscheidung fällt mit diesem Wissen dann doch anders aus. Mit einem Flug aus 2019 ist Lotte bislang der einzige Bayreuther, der die 1.000 km mit einem reinen Segelflugzeug geschafft hat.

Auch bei den Junioren gab es eine Erfolgsmeldung: Sebastian Leber, in den Pfingstferien erst durch einen internen Streckenfluglehrgang richtig auf den Geschmack gekommen, konnte mit dem Schulungseinsitzer des Vereins 630 km erreichen, auch er ohne Rückgriffsmöglichkeit auf einen Hilfsmotor.