Segelflieger in der Aufstiegszone

Segelfliegen. Die Piloten der Luftsportgemeinschaft Bayreuth stehen nach sieben von neunzehn Runden auf dem fünften Tabellenplatz der 2. Segelflug-Bundesliga und damit auf einem Aufstiegsplatz zur 1. Bundesliga.

Wer hätte das am Anfang der Saison gedacht? Im April war noch nicht absehbar, ob sich das langjährige Erstliga-Team vom Bindlacher Berg überhaupt ernsthaft in das Liga-Geschehen der 2. Bundesliga einbringen würde. Nachdem viele Piloten aufgehört haben, die in den letzten beiden Jahrzehnten das Bundesliga-Fliegen als den perfekten Modus für sich gefunden hatten und Bayreuth drei Deutsche und zwei Weltmeistertitel eingebracht haben, steht seit einigen Jahren die jüngere Generation mehr und mehr vor der Herausforderung die geographisch ideale Lage der Region in sportliche Erfolge umzusetzen. Der unglückliche Abstieg aus der 1. Liga 2023 und der ähnlich knapp verpasste Wiederaufstieg im letzten Jahr schienen der Motivation nicht gerade förderlich. Eine finstere Wetterprognose in Runde 1 und ein technischer Defekt an der Startwinde in Runde 2 ließen auch diese Saison unter einem schlechten Stern starten. Zudem war auch klar, dass die Bayreuther an den kommenden beiden Wochenenden wieder Gastgeber eines Einzel-Wettbewerbs mit Qualifikation zur DM sein werden und somit selbst nur stark eingeschränkt werden fliegen können.

Doch bis hierhin lief die Saison dann doch erstaunlich stark: Statt der Startwinde mussten die Piloten in der zweiten Runde zwar auf Flugzeugschlepps ausweichen, aber ein respektabler achter Rundenplatz zeigte dem Team, dass doch was ging. Da war die Nullnummer vom Osterwochenende (Runde 1) schnell vergessen.

Runde drei brachte dann endlich das, was Bayreuth häufig stark gemacht hat: Deutschlandweit schwaches, aber hier dann doch fliegbares Wetter. Nur der 12 der 30 Vereine in der 2. Bundesliga brachten überhaupt wertbare Flüge zustande, Bayreuth hat als einer von fünf Clubs die maximal wertbare Zahl von drei Liga-Flügen in die Wertung gebracht. Georg Baier, Heiko Hertrich und seine Tochter Ylva Hertrich haben südlich des Frankenwaldes genug Aufwinde für passable Geschwindigkeiten zwischen 88 und 62 km/h gefunden. Der Lohn: Ein vierter Rundenplatz, tatsächlich die bis jetzt beste Rundenplatzierung.

Und auch wenn Runde 4 nur einen sechsten Platz gebracht hat, reichte es doch um im Vergleich der Liga-Konkurrenz auf einmal auch auf Tabellenplatz vier zu stehen. Mit drei Wertungen über 100 km/h (Susanne Weisheit-Hertrich, Johannes Baier und Heiko Hertrich) zeigte sich auch das Wetter endlich einmal von der Seite, auf der Streckensegelflug richtig Spaß macht: Die Piloten konnten zeitweise im Geradeausflug mühelos durch aufsteigende Luftmassen fliegen und dabei steigen. Mit Tabellenplatz vier war auf einmal auch die Aufstiegszone erreicht.

Und auch an den letzten drei Wochenenden zeigte sich, dass Konstanz in den Segelflug-Ligen wichtiger ist, als einzelne herausragende Leistungen: Mit einem 13., einem 9. und einem 7. Platz war die LSG zwar jeweils nicht herausragend, aber in der vorderen Hälfte und es reichte, um bislang nur einen Tabellenplatz hergeben zu müssen: Seit Runde 5 steht die LSG Bayreuth auf Tabellenplatz fünf.

Und es ist tatsächlich die Mischung aus Jung und Alt, die Bayreuth aktuell wieder auf Aufstiegskurs bringt: Mit Ylva Hertrich, Sascha Daut und Patrick Schucht waren auch drei Nachwuchshoffnungen an den Liga-Wertungen beteiligt.

Weitere wichtige Stützen waren auch wieder Piloten, die beim Hochladen ihrer Flüge die Wahl zwischen mehreren Vereinen hätten und zum Teil an anderen Flugplätzen fliegen, sich bei der Liga-Meldung aber aus langjähriger Verbundenheit für die LSG Bayreuth als Vereinseintrag entscheiden. So sind auch bereits wieder zwei Wertungen von Klaus Gruber mit Startflugplatz Beilngries in Oberbayern ins Bayreuther Ergebnis eingeflossen, ebenso ein Flug von Sommerlager-Stammgast Waltraud Wilden aus Aachen.

Tabellenführer der 2. Bundesliga ist aktuell ebenfalls ein nordbayerischer Verein: Die SFG Steinwald aus Erbendorf in der Oberpfalz war letztes Jahr aus der 1. Bundesliga abgestiegen und schickt sich nun ebenfalls wieder zu einer Rückkehr ins Oberhaus an.

Bei den Segelflug-Ligen geht es darum, in einem Zeitfenster von 2 Stunden eine möglichst große Durchschnittsgeschwindigkeit bzw. Streckenlänge zu erzielen. Die Piloten müssen dabei Aufwinde und Rückenwinde möglichst gut einschätzen und auch während des Fluges flexibel für die aktuelle Wetterentwicklung bleiben. Gewertet werden schließlich pro Verein die drei besten Piloten eines Wochenendes. Pro Wochenende erhält der schnellste Verein in der 1. und 2. Bundesliga 20 Punkte, in der World League 50, der zweitplatzierte jeweils einen weniger und so fort. Jeder Pilot kann dabei starten, wo er möchte, zur Wertung wird die Aufzeichnung des Flugschreibers ins Internetportal www.onlinecontest.org geladen.

Neben den nationalen Ligen gibt es mit der World League hat der Segelflug die einzig funktionierende Weltliga in einer Sportart überhaupt. Hier werden alle weltweit am Liga-Geschehen teilnehmenden Vereine gewertet. Auch dabei steht die LSG seit Runde 3 mit einer Tabellenplatzierung um den 50. Platz zumindest unter den vorderen 10%. Nachdem Runde 7 einen 25. Rundenplatz beschert hat, ist hier der 43. Platz von bislang 655 gewerteten Vereinen sogar die bislang beste Saisonplatzierung der Bayreuther in der diesjährigen World League. Tabellenführer ist erneut und unangefochten der fünfmalige Seriensieger Minden Soaring Club aus Nevada, USA.

Trotzdem bleibt es spannend, wie es an den nächsten beiden Wochenenden weitergeht: Mehrere Bayreuther Piloten fallen für die Wertung aus, da sie den Qualifikationswettbewerb Fichtelglide am Bayreuther Flugplatz organisieren. Einzig Susanne Weisheit-Hertrich fliegt selbst bei diesem Wettbewerb für Einzelpiloten mit. Sie kann ihre Fichtelglide-Flüge zwar auch für die Liga-Wertung einreichen, aber sie kann ihre Taktik nicht während des Fluges nach den Liga-Regeln optimieren, sondern muss primär die für den jeweiligen Tag vorgegebene Wettbewerbsaufgabe schnellstmöglich absolvieren. Inwieweit die anderen Bayreuther zumindest für kurze Streckenflüge mit zwei Stunden Mindestwertung in die Luft gehen können, bleibt abzuwarten.