Fast wie auf Wolke sieben

Aufwindlinie an Thüringer und Frankenwald verhilft Bayreuther Segelfliegern zu bestem Saisonergebnis

In Runde 7 der Segelflug-Bundesliga kann die LSG Bayreuth mit Platz 4 ihr bestes Saisonergebnis abliefern. Ein Streifen außergewöhnlich guter Wetterbedingungen über Franken bescherte den Piloten schnelle Flüge.

Der erste Tag der Runde war noch von einem starken Nordwestwind gekennzeichnet. Nur wenige Flugzeuge starteten und die meisten Bayreuther gaben nach kurzer Zeit wieder auf.

Nur Susanne Weisheit-Hertrich konnte mit ihrem Mann Heiko als Copilot längere Zeit einer Aufwindstraße von Meiningen bis über die Oberpfalz und hinein nach Tschechien folgen. Der bis zu 40 km/h starke Wind schob das Segelflugzeug kräftig an. Mit 115,4 Stundenkilometer Wertungsgeschwindigkeit gelang Weisheit-Hertrich eine sehr gute Leistung und ein Ansporn für die Vereinskameraden, es am Sonntag besser zu machen.

Obwohl die Wettervorhersage eher keine schnellen Flüge zulassen sollte, der Tag durch nachmittägliche Schauer und Gewitter beeinträchtigt werden sollte, fanden sich doch vier Piloten ein, um wenigstens die Teamwertung zu vervollständigen. Nach einem frühen Start von Alexander Müller bestätigte seine erste Funkmeldung aus der Gegend von Suhl die Wetterprognose: „Erste Schauer über den Waldgebieten“. Da jedoch auch annehmbare Steigwerte in den umliegenden Aufwinden zu erzielen waren, begaben sich Heiko Hertrich (mit Copilotin Susanne Weisheit-Hertrich), Friedhelm Lotte und Georg Baier auf die Jagd nach starker Thermik und schnellen Gleitflügen. Und sie hatten Glück: Die Grenze zum schlechten Wetter hielt sich unbewegt den ganzen Nachmittag knapp südlich von Bayreuth, während die „Rennstrecke“ Richtung Thüringen offen blieb.

Tatsächlich fanden alle Bayreuther unter den zahlreichen großen Cumuluswolken immer wieder gute Aufwinde und konnten bis südlich Suhl schnell vorankommen. Zwischen einer starken Regenfront, die sich von Mannheim über Nürnberg bis nach Prag zog und den wolkenreichen Gebieten im Thüringer Becken bildete sich eine sogenannte Konvergenzlinie aus. Dabei treffen zwei Luftströmungen aufeinander und der Luft bleibt praktisch nichts anderes mehr übrig als nach oben zu entweichen – und jeden Vogel und jedes Flugzeug mitzunehmen. Diese circa 100 Kilometer lange Linie reichte vom Fichtelgebirge bis nach Suhl und ermöglichte den fränkischen Piloten kreislose Flüge ohne Höhenverlust. Über gegenseitige Funkhilfe waren alle Bayreuther Piloten immer über die besten Flugwege informiert und konnten so diese Linie mehrfach abreiten.

Dieses meteorologische Geschenk führte zu guten Leistungen von Müller (122,2 km/h), Lotte (118,1), Hertrich (111,8) und Baier (107,1), sowie der besten Mannschafts-Saisonleistung von 355,7 km/h aus den Flügen von Müller, Lotte und der Vortagswertung von Weisheit-Hertrich. Damit belegt die LSG hinter den weiteren guten Nutzern dieser Konvergenz Rundenplatz 4 und kann 17 Punkte gutschreiben. Rundensieger wurden die Bayreuther Nachbarn aus Lichtenfels (372,1 km/h) und von der SFG Steinwald aus Erbendorf (367,0), mit dem FSC Odenwald-Walldürn (358,5) auf Platz 3.

Gleich um vier Plätze kann sich die LSG Bayreuth mit diesem Ergebnis in der Tabelle verbessern. Mit 72 Punkten sind die Piloten vom Bindlacher Berg auf Rang 6 auf einmal nur noch 11 Punkte von einem Podiumsplatz entfernt, auch weil alle Tabellenführenden diesmal Federn lassen mussten. Selbst auf die Tabellenführung sind es nur noch 15 Punkte Rückstand. Dennoch reichen dem LSV Burgdorf (87 Punkte) und dem LSV Rinteln (84) der Vorsprung, um weiterhin vorne zu bleiben. Die Steinwälder (83) und Lichtenfelsern (78) haben aber Tuchfühlung zu den beiden Niedersachsen aufgenommen.

In der internationalen World-League wird die LSG Rundenfünfter – vor die besten deutschen Erstligamannschaften schob sich erneut der Titelverteidiger Minden Soaring Club aus Nevada/USA.

Mit Platz 6 kann Bayreuth zwar keinen weiteren Tabellenplatz gut machen, aber mit nun 156 Punkten den Zweitplatzierten Rintelnern auf nur noch 7 Punkte Abstand nähern. Der Vorsprung der Mindener beträgt nach dem dritten Rundensieg in Folge nun 103 Zähler.

Dies gelingt ihnen mit einem Sensationsergebnis von fast 580 km/h. Jeder Pilot legte in der 2:30 Stunden langen Wertungszeit also weit über 500 Kilometer zurück. Dies gelingt nur durch die Nutzung von Wellenaufwinden im Lee der Sierra Nevada und großen Flughöhen von 5000 Meter und mehr, die eine hohe Grundgeschwindigkeit für Segelflugzeuge ermöglicht. Gordon Boettger als bester Mindener kam auf eine Wertung von 210,49 km/h. In den Rohdaten, also vor Verrechnung des Flugzeugtyps, war das eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 240,15 km/h – als Durchschnittsgeschwindigkeit über 2,5 Stunden und ganz ohne Motor!